Spiel wird mit 3:0 für den Karlsruher SV gewertet.Urteil Sportgericht vom 26.05.2015

Spielabbruch in der 65. Minute beim Spielstand von 0:2
Der Tag hätte so schön sein können. Herrliches Frühlingswetter bei sommerlichen Temperaturen, ein guter Schiedsrichter, eine 2:0-Führung im Rücken und ein eventueller konditioneller Abbau beim Gegner während der Restspielzeit (okay, das ist spekulativ) waren beste Voraussetzungen für den zweiten KSV-Dreier in Folge. Ebenso unschöne wie unnötige Begleitumstände trübten dann aber die Stimmung. Sah sich doch der Unparteiische in der 65. Minute nachvollziehbar und auch aus der Sicht eines neutralen Beobachters völlig zu Recht zu einem Abbruch der Begegnung veranlasst. Man spricht von Beleidigung und Bedrohung des Schiedsrichters durch Hertha-Keeper Mehmet Özkul, auch Coach Kostas Gourgiotis soll mit-gemischt haben. Wie immer in solchen Fällen wissen aber viele fast alles und nur wenige das Richtige, was die Meinungsbildung naturgemäß erschwert. Weniger schwierig ist da die Suche nach Rechtfertigungsgründen für das den Abbruch auslösende Verhalten. Es gibt keine.
Die sportlichen Instanzen werden die Wahrnehmungen des Schiedsrichters entsprechend zu würdigen und in das Regelwerk einzuordnen wissen. Bei aller gebotenen Skepsis kann man aber wohl davon ausgehen, dass die Punkte nicht nur sportlich beim Karlsruher SV verbleiben. Das dürfte selbst die Gastgeber so sehen.
Nachdenklich stimmt allerdings viel mehr, dass Unparteiische immer wieder solchen Situationen ausgesetzt werden und gerade junge, talentierte Schiedsrichter müssen derartige Erfahrungen nicht zwingend machen. Es wäre – bei aller verständlicher Kritik an zuweilen auch unterirdischem Auftreten einiger Referees – mehr als schade, würden diese dann eines Sonntagnachmittags etwas ganz anderes machen als sich von sogenannten Gerechtigkeitsfanatikern und selbst ernannten Benachteiligten unflätig anpöbeln zu lassen.
Nicht nur der Vollständigkeit halber soll auf einige sportliche Fakten dennoch nicht verzichtet werden. Obwohl es tabellenmäßig eine relativ entspannte Partie hätte sein können, sorgte der Ehrgeiz beider Teams für interessante Fußballkost. Fast jede Aktion war hart umkämpft, blieb aber stets im Rahmen des üblichen Engagements und Regelwidrigkeiten auf beiden Seiten wurden von Schiedsrichter Niepold unparteiisch geahndet. Der Karlsruher SV war nur in der Anfangs- und Schlussphase der ersten Halbzeit überlegener. Dazwischen konnten die technisch versierten Leistungsträger der Herthaner einige gute Ballstafetten zeigen, Torgelegenheiten resultierten daraus aber nur selten. Pech hatte die Gourgiotis-Truppe, als Angelo Celestini einen Freistoß ans Lattenkreuz zirkelte (22.). Und in der 37. Minute verpasste der aufgerückte Steven Bühler ein Zuspiel kurz vor dem rechten KSV-Pfosten nur knapp.
Bis dahin waren die Nordsternler nur einmal im gegnerischen Strafraum, als Mauricio Monteiro einen Eckball von Mikael Länsitalo aus zehn Metern in die Arme von Torwartriese Özkul köpfte (9.). Es dauerte bis kurz vor Ende des ersten Abschnitts, als man sich zum zweiten Mal dem OH-Kasten näherte. Dann konnte der überragende Simon Schreiber bei seinem beherzten Solo nur durch ein Foulspiel im Strafraum gestoppt werden. Beim Strafstoß von Kapitän Monteiro war Özkul mit den Fingerspitzen zwar noch am Ball, doch landete dieser dann endgültig hinter der Linie zum überraschenden 0:1 (41.). Mit dem Pausenpfiff hatte Bünyamin Bozkurt die Chance zum zweiten Treffer, sein Lüpfer nach einem Zuspiel von Berthold Daubner landete aber im Aus (45.).
Obwohl beim KSV Anis und Dominik während der Pause die Trinkflaschen nachgefüllt hatten, operierte die Truppe von Christian Stumpf zu Beginn des zweiten Abschnitts etwas schläfrig, ließ aber wenigstens defensiv nichts anbrennen. Allmählich erholte man sich dann aber und erarbeitete sich ein stets zunehmendes Übergewicht. Eine Direktabnahme von Marco Wied nach einem Schreiber-Freistoß hätte dann auch ein Tor verdient gehabt (57.). Kurz darauf waren die Gastgeber in der hinteren Reihe nicht aufmerksam genug, um sich des Pressings des KSV erfolgreich zu erwehren. Daubner setzte sich einsatzfreudig durch und strebte allein auf Keeper Özkul zu, dem er mit einem Flachschuss ins kurze Eck zum 0:2 keine Chance ließ (59.). Bei der nächsten KSV-Angriffsaktion eilte der gewohnt ausflugsfreudige Hertha-Schlussmann bis zur Außenlinie, wo er auf Höhe der Trainerbank gegen Schreiber zu klären versuchte. Dabei blieb der Ball ebenso im Spiel wie das Hertha-Tor leer. Khlili Soltani erfasste die Situation, zielte aus 35 Metern aber knapp über den Kasten (64.). Unmittelbar darauf stellte Schiri Niepold, der bis dahin relativ souverän leitete, Mehmet Özkul vom Platz (65.). Was dann folgte, war überraschend und unverständlich (siehe oben). Auch wenn sich die Gemüter gleich wieder beruhigten, in der anschließenden Konversation ging es in beiden Lagern nur noch am Rande um Fußball. Und das Eintrittsgeld war auch nur noch zwei Drittel wert. Wir werden das entschädigen, Alex.–H.D.Brumm(KSV)–

Aufstellung: Schuster – Klodwig, Zürn, Monteiro, Schreiber, – Länsitalo, Wied, Kubiak, Hartung – Bozkurt, Daubner
Wechsel: Boran für Daubner, Khlili Soltani für Bozkurt (63.)
Schiedsrichter: Mark Michael Niepold (Karlsruher SC)
Tore: 0:1 Monteiro (41., FE), 0:2 Daubner (59.)
Rot: Mehmet Özkul (Olympia Hertha, 65.)
Zuschauer: 36