Aufstiegsentscheidung vertagt.

Im Spitzenspiel beim Tabellenführer fehlten dem Karlsruher SV nur wenige Augenblicke zur vorzeitigen Meisterschaft. Nach dem in der Nachspielzeit zu Gunsten der Büchiger erstaunlicher Weise anerkannten Ausgleichstreffer war die Enttäuschung unmittelbar nach Spielschluss spürbar und verständlich. Und wieder einmal bestätigte sich die Erkenntnis, dass der Ausgang eines Fußballspiels vielfältigen Einflussfaktoren unterliegt.

Die Vorzeichen waren klar abgesteckt. Der Gewinner des Spiels steigt direkt auf, der Verlierer ist schon sicher für die Aufstiegsrelegation qualifiziert. Unter diesem Endspielcharakter entwickelte sich vor stattlicher Zuschauerkulisse von Beginn an eine abwechslungsreiche und auf sehr gutem Niveau geführte Begegnung, die zudem bis zur letzten Sekunde höchste Spannung bot. Schon kurz nach Anpfiff nutzte Büchigs Daniel Wörner eine leichte Schläfrigkeit der Gästeabwehr und zog von der Straftraumgrenze zentral ab, verfehlte den Kasten aber knapp (3.). Dann tauchten bei einem Eckball zwei KSV-Angreifer um Zentimeter unter dem Ball hindurch (6.). Wenig später überbrückten die Gäste schnell das Mittelfeld und Daniel Walz setzte klug Hassan Hout in Szene. Der ließ einen Gegenspieler aussteigen und schlenzte den Ball sehenswert neben dem rechten Pfosten zur 0:1-Führung in den Kasten (9.). Im Anschluss machten die Hausherren mächtig Druck. Die KSV-Defensive konnte aber eine Viererserie an Eckstößen schadlos überstehen (11.). Auf der anderen Seite waren bei einer aussichtsreichen Hereingabe von Hout dessen Mitspieler nicht gut genug für einen möglichen Abschluss postiert (15.). Zwei Minuten später erreichte Hout ein Flankenball von Walz. Seinen prächtigen Schuss lenkte Carsten Kitter allerdings virtuos um den Pfosten. Den anschließenden Eckball köpfte Lukas Batke dann vorbei (17.). Während der folgenden zwanzig Minuten neutralisierten sich die Kontrahenten weitgehend und ließen die Torleute jeweils unbehelligt. Dann zeigten die Nordsternler aber eine sehenswerte Offensivaktion über mehrere Stationen. Am Ende wurde Hassan Hout kurz nach der 16-er-Linie so klar von den Beinen geholt, dass die Strafstoß-Entscheidung von Schiri Argiropoulos (SV Nordwest) nicht ausbleiben konnte. Lukas Batke vollstreckte eiskalt zum 0:2 (38.). Vier Minuten später kratzte der VSV-Hüter einen abgefälschten Walz-Schuss gerade noch von der Linie (42.). Die letzte Aktion vor dem Halbzeitpfiff überließen die bis dahin Spiel bestimmenden Waldstädter Büchigs Angreifer Wörner. Dessen 25-Meter-Flachschuss trudelte indessen ungefährlich am KSV-Pfosten vorbei (45.+1).

Zum Wiederbeginn brachte VSV-Coach Jens Pfattheicher mit Nicola Bolz und Marcel Hemberle zwei offensiver ausgerichtete Akteure und das Geschehen verlegte sich allmählich auch zunehmend in die Hälfte des Tabellenzweiten. Zuerst versuchte sich aber noch KSV-Angreifer Lukas Stingl mit einem Drehschuss, der Kitters Kasten verfehlte. Im direkten Gegenzug wurde dann gleich Bolz ins Spiel einbezogen, der aber keinen Druck auf den Ball (47.) bekam. Die engagiert anrennenden Gastgeber vermochten zunächst keine weiteren Torgelegenheiten zu kreieren. Ein schnörkellos vorgetragener Angriff nach Balleroberung, bei dem die KSV-Abwehr nicht sehr souverän wirkte, brachte dann aber den Anschlusstreffer. Eine weite Rechtsflanke köpfte Bolz von der linken Seite in den Straftraum, wo der wenig gestörte Hendrik Hadeler aus sechs Metern zum 1:2 eindrückte (62.). Die Heimelf drängte nun unter lautstarker Anfeuerung ihrer Anhänger vehement auf den Ausgleich. Beiderseits wurde um jeden Quadratzentimeter gekämpft. Der KSV fuhr zwar einige Konterangriffe, die aber zu hastig angelegt waren und regelmäßig verpufften. Echte Torchancen waren so auf beiden Seiten zunächst Mangelware. Ein Schuss von Hout, der Kitter vor keinerlei Probleme stellte (72.) und auch der ungefährliche Versuch von Wörner auf der anderen Seite (74.) hatten eher statistischen Wert. Dann jedoch ergab sich für die Truppe von Christian Stumpf die große Gelegenheit zur vermutlichen Vorentscheidung. Dennis Bäuerle hatte sich auf der linken Angriffsseite elegant durchgespielt und passte von der Grundlinie mustergültig nach innen. Der mitgelaufene Janis Müller stand aber nicht optimal und bugsierte in Bedrängnis die Kugel am Fünfmeterraum über den Kasten (80.). Sein anschließender Versuch aus zehn Metern wurde eine Beute von Kitter (82.). Beim Schuss von Matthias Eckert aus 18 Metern, der knapp am Pfosten vorbei flog, brauchte der Keeper dann nicht mehr eingreifen (83.). Auf der Gegenseite zirkelte Robin Pfattheicher einen Freistoß ebenfalls am Pfosten vorbei (87.). Dann in der Nachspielzeit der Schock für die Nordsterne. Bei einer Hereingabe von Julian Winter wurde KSV-Keeper Christian Becker im Fünfmeterraum beim Versuch den Ball zu greifen von Jens Pfattheicher robust bedrängt, was vom Schiri als regelgerecht gewertet wurde. Kommentar zwecklos. Daniel Wörner nutzte die Verwirrung und traf aus kurzer Distanz zum umjubelten 2:2-Ausgleich (90. +2). Fast wäre es für die Gäste noch schlimmer gekommen. Sekunden vor dem längst fälligen Schlusspfiff lenkte Becker trotz seiner Verletzung einen Kopfball von Maximilian Kraus mit den Fingerspitzen noch bravourös an den Querbalken (90.+6). Dann war Schluss und der Kreisvorsitzende Thomas Rößler konnte die bereit gehaltene Meisterschale im Auto belassen.

Die KSV-Jungs haben im ersten Abschnitt eine fast makellos überzeugende Leistung geboten und auch danach prächtig um den finalen Erfolg gerungen. Immerhin haben sie mit dem erkämpften Remis – gegen einen seit 14.11.2021 in 17 Spielen ohne Niederlage gebliebenen VSV – sich eine zweite Chance erkämpft. So liegt es nochmals in ihrer Hand, im samstäglichen Heimspiel gegen den unberechenbaren Tabellenfünften SV Blankenloch in der Tabelle am spielfreien VSV doch noch vorbei zu ziehen. Dazu sind drei Punkte nötig, was nicht von vorne herein eine ausgemachte Sache ist. Denn man weiß ja: der Spielausgang unterliegt vielfältigen Einflussfaktoren … Bei unentschiedenem Ausgang bliebe der VSV auf Platz eins und damit Meister und Direktaufsteiger. Dann müssten die Waldstädter den anstrengenden Weg über die Aufstiegsrelation nehmen. Es gibt keine Zweifel, dass dies nur eine Option bleiben soll (Hans-Dieter Brumm, Karlsruher SV).

Aufstellung: Becker – Zürn, Wittemann, Helfenritter, Bindereif – Oliveira Schroer, Oldemeier – Batke (61. Eckert), Walz (85. Waßmuth), Hout (78. Bäuerle) – Stingl (66. Müller),

Schiedsrichter: Vasileios Argiropoulos (SV Nordwest)

Tore: 0:1 Hout (9.), 0:2 Batke (38.FE), 1:2 Hadeler (62.). 2:2 Wörner (90.+2)

Zuschauer: 425