KSV macht in den letzten fünf Minuten noch Dreitore-Rückstand wett.

Zu den kommenden Jubiläumsfeierlichkeiten anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Fußballvereins Linkenheim leistete die Truppe von Trainer Torsten Zörb schon am vergangenen Sonntag einen ersten denkwürdigen Beitrag. Diesen hatten sich die Gastgeber allerdings wesentlich erfreulicher vorgestellt. Nach 85 gespielten Minuten und mit einer 4:1-Führung im Rücken war auch bereits alles für den finalen Jubel und eine Verbesserung der Tabellensituation angerichtet. Drei Gegentore innerhalb von fünf Minuten später war dies aber alles Makulatur. Der Karlsruher SV hingegen schwang sich nach dem phönixgleich erkämpften Punktgewinn zum moralischen Sieger auf.

Bei herrlichem Fußballwetter setzten die Hausherren unmittelbar nach dem Anstoß den ersten Akzent, als Norman Königs Flanke nach 15 Sekunden an den Außenpfosten klatschte. Danach beäugten sich die Kontrahenten aufmerksam und nach einer Viertelstunde wechselten sich in beiden Strafräumen die Torszenen ab. So kam KSV-Angreifer Daniel Walz gegen den weit aus dem Kasten eilenden Angel Quinones einen winzigen Schritt zu spät (14.). Kurz darauf steckte ihm Simon Dietrich geschickt den Ball durch, seine Hereingabe wurde aber vor dem zum Einschuss bereiten Matthias Eckert noch abgeblockt (15.). Auf der anderen Seite musste KSV-Schlussmann Tim Nagel bei einem Schuss aus nächster Nähe alles aufbieten, um den Torerfolg zu verhindern (23.). Beim anschließenden (allerdings irregulären) Eckball waren die KSV-ler dann wenig aufmerksam. Der unbeaufsichtigt gelassene König brachte den Ball per Kopf in die Mitte, wo der aufgerückte Felix Lutz ebenso frei stehend aus vier Metern zum 1:0 einköpfte (24.). Gleich nach dem Wiederanstoß lag schon der Ausgleich in der Luft, als sich Quinones einen Faux-pas erlaubte, den seine Vorderleute jedoch ausbügeln konnten (25.). Kurz darauf war er dann aber auf dem Posten, als er bei einem Abschluss von Walz die Kugel gerade noch zu fassen bekam (26.). Zehn Minuten später zeigte sich die aufgerückte Gäste-Abwehr indisponiert und ließ Hubert Badhofer in Ballbesitz kommen. Bei dessen listigem Heber aus 20 Metern stand dem 2:0 nur der Querbalken im Wege (37.). Eine große Torgelegenheit eröffnete sich dann kurz darauf Matthias Eckert auf der Gegenseite . Bei der Hereingabe von Moritz Hartung stand er im Fünfer frei, zielte aber direkt in die Arme des FVL-Hüters (39.). In der Schlussminute des ersten Abschnitts belohnte sich die Stumpf-Truppe dann doch noch für ihre Überlegenheit während der voran gegangenen zwanzig Minuten. Nach Balleroberung in der eigenen Hälfte passte Jonas Klodwig von rechts in die Mitte, wo Walz direkt auf Benjamin Bindereif weiterleitete. Dessen Schuss aus zehn Metern konnte Quinones nur noch reflexartig zum 1:1 abfälschen (45.).

Die Schwarz-Roten holten sich ihre Führung zu Beginn der zweiten Hälfte aber gleich wieder zurück. KSV-Kapitän Dominik Kirchner beförderte einen Freistoßball per misslungenem Kopfball ebenso überraschend wie unglücklich zum 2:1 ins eigene Netz (48.). Die Hausherren hatten nun Oberwasser und bestimmten das Geschehen. Ein sehenswerter FVL-Angriff mit einer abschließenden tollen Direktabnahme, die aber weit über den Kasten rauschte, deutete die Entschlossenheit der Zörb-Truppe an. Allerdings blieb auf der anderen Seite ein elfmeterreifes Foul an Eckert ungeahndet (56.). Ein weiterer Eckstoß leitete sodann den dritten FVL-Treffer ein. Winterneuzugang Benjamin Hauser zog aus 18 Metern scharf ab und im Fünfmeterraum schlich sich Badhofer davon und drückte zum 3:1 ein (58.). In der nun hektischer gewordenen Phase wurden die Waldstädter nur wenig später Opfer ihrer nicht entschlossen genug zu Ende gespielten Angriffe. So kam nach KSV-Ballverlust der ebenfalls neu zum Team gestoßene Arber Beqiri auf der rechten Seite in Ballbesitz. Seine scharfe Hereingabe erreichte den knapp vor der Torlinie postierten Badhofer, der nur noch den Fuß zum 4:1 hinhalten musste. Proteste der KSV-ler wegen stark verdächtiger Abseitsstellung blieben ungehört (66.). Bis dahin hatten die Gäste recht mutlos und unentschlossen agiert und nichts deutete auf eine Resultatsverbesserung zu ihren Gunsten hin. Fortan entwickelten sie dann aber größeren Offensivgeist und beschäftigten immer häufiger die FV-Abwehr. Schon beim Schuss von Walz unmittelbar nach dem vierten Gegentreffer musste der Schlussmann eine prächtige Parade zeigen (68.) und den Kopfball von Wilhelm Oliveira Schroer konnte ein Linkenheimer noch von der eigenen Torlinie kratzen (69.). Auch Minuten später schafften es Walz und Bindereif wiederum nicht, wenigstens den Anschluss herzustellen (78.). Die Hausherren hingegen kamen nur noch zu einer einzigen nennenswerten Torgelegenheit durch einen platzierten Schuss von Bubacarr Janneh von der Strafraumgrenze, den aber Nagel blendend parierte (79.). Aber mit dem sicheren Vorsprung waren Offensivaktionen für die Hardtler auch keine zwingende Option. Als sich auch noch KSV-Akteur Martin Zürn bei einem regelkonformen Zweikampf eine blutige Nase holte (83.), passte dies zum Spielverlauf. Die Jungs vom Nordstern ließen sich jedoch auch dadurch nicht entmutigen und freuten sich kurz darauf sogar über den Anschlusstreffer. Hassan Hout trickste sich im Strafraum gegen mehrere Gegner durch und netzte flach zum 4:2 ein (85.). Aus Linkenheimer Sicht nur ein Schönheitsfehler, für die Gäste ein erträglicheres Ergebnis, mehr nicht. Diese Einschätzung hatte auch nach dem Freistoß von Walz, der über den Kasten segelte, noch bestand (87.). Dennoch versuchte man weiter, in die gegnerische Gefahrenzone zu kommen. Und plötzlich lag das Runde erneut im Linkenheimer Tor. Eckert hatte aus 15 Metern beherzt abgezogen und traf mit seinem Flachschuss zum nicht mehr erwarteten 4:3 (89.). Angesichts der geringen Restspielzeit war mit einem weiteren KSV-Treffer realistischer Weise nicht zu rechnen, auch wenn bei den Gastgebern schon längere Zeit nicht mehr viel Konstruktives zusammenlief. Ungeachtet dessen schlug Jonas Kubiak – den bevorstehenden Schlusspfiff ahnend – eine mehr oder weniger gezielte Flanke aus der eigenen Hälfte in den gegnerischen Strafraum. Dort versuchte 1:0-Schütze Lutz per Kopfball zu klären, verlängerte dabei aber den Ball ins eigene Tor zum 4:4-Ausgleich (90.). Sekunden später dann der Abpfiff. Sensationeller Ausgang eines guten Fußballspiels, Ungläubigkeit auf beiden Seiten, Fassungslosigkeit bei den einen und Jubel bei den anderen. Gemessen an den Spielanteilen ein durchaus gerechtes Ergebnis, aber ein Spielverlauf, den auch ein langes Fußballerleben nur selten mehrmals bekommt.

Nach dem Ausgleichstor holte sich Hassan Hout noch den Gelben Karton ab, wegen Zeitverzögerung. Seine Rechtfertigung „wir führen doch 4:4“ lässt erahnen, wie sehr Glückshormone doch den Blick auf die Realität verschleiern können (Hans-Dieter Brumm, Karlsruher SV).

Aufstellung: Nagel – Dietrich, Kirchner (71. Zürn), Kubiak, Hartung – Klodwig (65. Hout), Wied (81. Richert), Oliveira Schroer, Bindereif – Walz, Eckert

Schiedsrichter: Thomas Klejnowski (Karlsruher SC)

Tore: 1:0 Lutz (24.), 1:1 Bindereif (45.), 2:1 Eigentor (48.), 3:1 Badhofer (58.), 4:1 Badhofer (66.), 4:2 Hout (85.), 4:3 Eckert (89.), 4:4 Eigentor (90.)

Zuschauer: 110